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Der Zauberkünstler

Übersetzung: Thomas Klein, Werner Widrat

Ein kurzes Wedeln — und der Pelzvorhang rückt einen Spalt auf, jemand steckt sein Schnütchen und von der Kälte ganz gerötete Wangen hier durch in den Zeltwagen.

Flinke Äuglein suchen aufmerksam das Wageninnere ab und verweilen auf dem Wagenbewohner, der auf einer Truhe vor einem Wandspiegel sitzt, in der Hand ein Döschen Schminke.

«Endlich find' ich dich!», tönt es aus dem Schnütchen.

«Ach ja? Bin ich denn verlorengegangen?», hebt der Gesuchte eine Braue. «Na, komm rein, wo du mich schon gefunden hast.»

Das Mädchen kraucht die Stufen hinauf, streift ihre Ärmel herunter, verstaut sie in den Taschen und reibt sich die erfrorenen Hände warm.

«Du bist ein Zauberer», verwirrt es den Angesprochenen, trotzdem nickt der nach einer Weile.

«Ja, so kann man das auch nennen.»

Seine Augen sind jung geblieben, seine Haare lang und grau, weshalb sein Alter schwer zu schätzen ist.

«Nein, nein, wieso nennen?! Du bist wirklich ein echter Zauberer! Das sagen sie mir alle von dir.»

«Und wozu brauchst du einen Zauberer? Möchtest du ihn um etwas bitten?»

«Eben… So einer kann mir nämlich helfen…»

Das Mädchen war noch nicht soweit, als daß es sogleich mit seiner Bitte herausrückte. Erst nach einem vorgezogenen Schweigen und verkniffenem Herumdrucksen formt es in einem Atemzug den Satz: «Ich bin krank. Ärzte haben an mir herumgedoktert…, bis eines Tages mir eine unbekannte Alte auf dem Markt versicherte, sie könnt' mich kurieren, wenn im Winter ein Regenbogen aufscheint. Und dazu braucht es einen Zauberer.»

«Was fehlt dir denn?»

«Ich kann nicht lachen.»

Der Mann sieht das Mädchen unverwandt an, setzt eine finstere Miene auf und sagt: «Kindchen, ich bin kein Zauberer. Ich bin nur ein einfacher Zauberkünstler.»

«Aber so reden die Leute… Wenn sich klirrende Fröste ankündigen, heißt das für sie — bald ist Er wieder da und vertreibt die Fröste!»

«Das stimmt doch gar nicht. Ich kann keine Fröste verjagen.»

«Wie kommt es dann, daß es gleichzeitig mit dir anfängt zu tauen? Immer, wenn du hier bist, ist das so. Und das da?» — zeigt das Mädchen auf den Haken, wo des Sterndeuters Mantel hängt.

«Ist doch bloß ein gewöhnlicher Umhang für einen Zauberkünstler. Ich zeige meine lustigen Zauberkünste, vermöchte vielleicht auch einige unter den Zuschauern auf dem Platz zum Lachen bringen, selbst wenn denen gerade nicht danach zumute ist. Vielleicht schaff' ich es ja, dich aufzuheitern.

Auf dem froststarrenden Platz sind immer mal Lachsalven zu hören, erstaunte Zurufe und dann wieder ein Lachen. Die Gäste seiner Vorstellung denken nicht mehr an den Frost und verfolgen gebannt des Gauklers Zauberstücke. Vorn auf dem Bühnenpodest entspinnt sich ein ausgelassen-wunderliches Treiben. Um den fahrenden Gaukler herum sprühen Funken in buntfarbenen Fontänen, fliegen große bunte Schmetterlinge aus einer weißen Kaninchenfellmütze auf und über die begeisterten Zuschauer hin. Dabei leuchten die Augen der Erwachsenen genauso wie die der Kinder.

Jetzt stülpt der Zauberkünstler die Fellmütze einem kleinen Jungen auf. Na und prompt sitzt dem ein weißes Kaninchen auf dem Kopf. Das Kaninchen springt von des Jungen Kopf auf das Pflaster und hoppelt unter dem Gelächter der Zuschauer in aller Seelenruhe zurück zu seinem Herrchen.

Dem Mädchen aber entfährt die ganze Zeit über kein einziger Lacher. Manchmal verzieht es den Mund wie zu einem Lächeln… Schließlich ist es drauf und dran loszuweinen.

Der Zauberkünstler hält nunmehr kleine bunte Bälle in den Händen und setzt damit zu jonglieren an: je ein roter, orangener, gelber, grüner, dunkelblauer, hellblauer, violetter Ball fliegt von der einen in die andere Hand — immer schneller und schneller — durch die Luft und fügt sich mit allen andern zusammen alsbald in einen Regenbogen!

Das Mädchen schaut traurig aus. Die Bälle fliegen am Zauberkünstler vorbei und kullern übers Podium bis vor die Füße der Zuschauer.

«Ich weiß, du wolltest helfen… Aber das war halt kein echter Regenbogen», meint das Mädchen hinterher im beheizten Wagenzelt und scheint ihn — den erwachsenen ergrauten — Mann trösten zu wollen. Es trinkt heißen Tee, der Mann schminkt sich ab.

Er konnte bereits in Erfahrung bringen, daß das Mädchen auf die Kunde von seiner Vorstellung hin mit dem Postwagen in die benachbarte Stadt gekommen ist.

, Warum aber sollte er mich nicht mitnehmen, wo doch alle wissen, daß ich ihn suche, ihn gefunden habe?‘

Angehörige hat das Mädchen hier keine. Das ist aber nicht der Grund, warum es traurig ist.

«Ich klopfe bei irgendwem an die Tür und bitte um Einlaß», zuckt es mit den schmächtigen Schultern wie eine Erwachsene.

«Bleib» schlägt der Zauberkünstler vor. «Schließlich bist du meinetwegen hier. Im Wagen ist es warm.»

«Gern» geht das Mädchen darauf ein.

Es legt sich schlafen, ganz eingehüllt in weiche Felle. Der fahrende Zirkuskünstler aber setzt sich draußen auf den Wagentritt, gegen die Rückwand gelehnt, und betrachtet den Mond und die hellfunkelnden Sterne. Das Städtchen sinkt in tiefen Schlaf. Alle Lichter verlöschen, eins nach dem andern…

In der durchgescheuerten Spitze seines Stiefels sieht der Zauberkünstler wie ein Kätzchen einen kleinen weißen Ball stecken, nimmt ihn von dort auf seine flache Hand und richtet sich auf… Plötzlich holt er aus und wirft ihn hoch in die Lüfte. In demselben Augenblick steht ein vielfarbener Regenbogen am winterlichen Himmel und überstrahlt die schlafende Stadt.

Das schlafende Mädchen hat derweil einen zauberhaften Traum, darin es lächelt — vor Glück.


Что было раньше?
Что вообще происходит?